Gründung des Herdecker Brotkorbs – Gesellschaftliche Veränderungen beginnen vor Ort

Engagement, mitmachen, unterstützen, helfen – es gibt so viele starke Worte und doch reichen sie alle nicht aus, um das zu beschreiben, was seit 10 Jahren in Herdecke durch den Herdecker Brotkorb und seine Mitglieder gemeinsam geleistet wird. Der Brotkorb ist gewachsen. Wurden 2013 am Anfang noch pro Woche 40 Bedürftige versorgt, so sind es im Jahr 2023 im Schnitt 79.

Irmingard Schewe-Gerigk, ehemalige Bundestagsabgeordnete, Gründungsmitglied des Herdecker Brotkorbs und damals 1. Vorsitzende traf immer wieder auf das Thema, dass Herdecke eigentlich eine Tafel benötigen würde. Die Idee des Tafelgedankens wuchs, auch durch intensiven Austausch mit Rosi Reiss, der damaligen Intendantin des Herdecker Stifttheaters und wurde dann schließlich im Sozialausschuss vorgestellt. Die ernüchternde Einschätzung des Sozialausschusses war: „Eine so wohlhabende Stadt wie Herdecke braucht das nicht“.

Dabei waren allein die Zahlen des Jobcenters für Herdecke schon eindeutig: 1500 Personen, die einen Anspruch auf Langzeitarbeitslosengeld hatten, daneben Rentnerinnen und Rentner unterhalb der Grundsicherung und Geflüchtete. Das waren mehr als genug Menschen, denen diese Unterstützung zugute kommen könnte. Besonders der Gedanke, dass wertvolle Lebensmittel vor der Vernichtung in der Abfalltonne gerettet werden könnten, war ein starker Antrieb für die Idee, eine Tafel für Herdecke zu gründen.

Der endgültige Auslöser für das Vorhaben war dann, dass der seit einigen Jahren bestehende Brotkorb in Wetter Unterstützung zur Abholung von Lebensmitteln aus Herdecker Geschäften suchte, auch weil fast die Hälfte seiner Kundschaft aus Herdecke kam.

Im Jahr 2013 rief Irmingard Schewe-Gerigk in der lokalen Presse zu einem Treffen von Interessierten ein und war überwältigt von der Resonanz. 29 Herdeckerinnen und Herdecker wollten am 8. Oktober 2013 dieser Idee zum Erfolg verhelfen und knapp einen Monat später, am 5. November 2013, fand die Gründung statt.

Die ersten Mitglieder erinnern sich noch gut an diese Zeit und ihre Motivation Mitglied im Brotkorb zu werden.

Ulla Biermann: „Meine Motivation war ich beobachtete oft ältere Menschen in Herdecke, die Mülltonnen nach Leergut durchstöberten, meist früh morgens weil sie sich offensichtlich schämten. Und es gab viele Alleinerziehende Mütter, die ihren Kindern kein Eis kaufen konnten. Ich habe dann, als wir den Brotkorb gegründet haben, diese Personen angesprochen und sie auf uns aufmerksam gemacht.“

Anita Hardt: „Mir war es schon immer wichtig, Menschen, die unsere Hilfe benötigen, zu helfen. Somit ist der Brotkorb auch für mich eine sehr gute Institution.“

Beatrix Prill: „Da ich mich schon lange für die Idee, Menschen in Not zu helfen, begeisterte, war es für mich einfach ein MUSS !“

Ursula Tapphorn: „Durch einen Artikel in der Tageszeitung wurde ich auf die Idee „Tafel“ aufmerksam gemacht. Mein Interesse war geweckt. Ich habe an der ersten Zusammenkunft teilgenommen. Dort wurde mir sehr schnell klar, dass in dieser Richtung großer Bedarf besteht und viele Personen bzw. Familien auf Hilfe angewiesen sind. Gleich an Ort und Stelle habe ich mich entschieden mitzumachen, ich bin Gründungsmitglied geworden und habe dieses in keiner Sekunde bereut.

Gabriele Reiz: „Seinerzeit entwickelte sich das Thema „Armut“ mit sehr schneller Tendenz. In den umliegenden Städten wie Dortmund, Witten, Hagen gab es bereits Ausgabestellen der Tafel, vor denen sich regelmäßig Schlangen von Bedürftigen stauten. In Wetter gab es bereits einen von Inge Holland gegründeten Brotkorb, an den sich Bedürftige wenden konnten. Mittendrin das „reiche“ Herdecke, unsere Bedürftigen, die es natürlich auch hier gab und gibt, hatten hier abgesehen von den gesetzlichen Sozialleistungen keine derartige Unterstützung.“

Nun konnte die Arbeit losgehen. Mit 0 Euro auf dem Konto. Leerstehende Werkstatträume der Firma Dittmar wurden von der Familie kostenlos zur Verfügung gestellt, Strom von Mark-E gesponsert, Farben für die Renovierung von Dörken gestiftet. Die komplette Einrichtung stammte aus einem Nachlass.

Es fehlte aber noch das Wichtigste: die Lebensmittel selbst. Intensive Gespräche mit der Tafel Hagen, dem Warenkorb Hagen und dem Brotkorb Wetter, die bis dahin täglich die Waren von den Herdecker Geschäften abgeholt hatten, kamen zu einem positiven Ergebnis. Sie verzichteten auf die Abholung an zwei Tagen in der Woche.  Auch die Geschäftsleute spielten mit und stellten ihre aufgrund des Mindesthaltbarkeitsdatums aussortierten Waren dem Brotkorb zur Verfügung.

Die organisatorischen Notwendigkeiten wurden in kürzester Zeit erledigt. Der Werbedesigner Oliver Schäfer entwickelte kostenfrei das Logo. Um schnell die Gemeinnützigkeit zu erreichen, wurde die bereits vom Finanzamt genehmigte Satzung des Brotkorbs Wetter übernommen. Damit waren bereits ab Januar 2014 alle Geldspenden steuerlich absetzbar und trugen dazu bei, auch länger haltbare Lebensmittel dazu zu kaufen. Nachdem am 21. Januar 2014 die offizielle Eröffnung gefeiert wurde und die Bürgermeisterin Dr. Katja Strauss-Köster die Schirmherrschaft übernahm, waren alle Hürden genommen.

So konnte in der Hauptstraße 106 die erste Ausgabe von Lebensmitteln am 29. Januar 2014 erfolgen. Die im Sozialamt und der Agentur für Arbeit verteilten Flyer hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. Über 40 Personen und ihre Familien, die ihren Anspruch als Langzeitarbeitslose, Geflüchtete oder Rentner*innen mit niedriger Rente belegten, konnten damals für 1 € Lebensmittel erhalten. Alle gespendeten Lebensmittel wurden gleichmäßig in Körbe verteilt und mit dazu gekauften Waren ergänzt. Von Woche zu Woche kamen immer mehr hilfsbedürftige Menschen.

10 Jahre alt wird Herdecker Brotkorb am 05.11.2023. Die Mitgliederanzahl ist gewachsen, 58 aktive Bürger aus Herdecke spenden ehrenamtlich ihre Zeit um die Ausgabe am Mittwoch zu ermöglichen.

Ein kleiner Blick in unseren Alltag: Von Montag bis Mittwoch werden Lebensmittelspenden von den hiesigen Einzelhändlern in 2er Teams mit privaten Fahrzeugen abgeholt. Ein weiteres Team übernimmt am Dienstag die Vorsortierung der Lebensmittel. Am Mittwoch findet die Ausgabe von 13:30-16:00 Uhr statt, je nach Kundenanzahl (im August waren es schon einmal über 100 Kunden) kann es auch mal 17:30 Uhr werden, bis die letzte bedürftige Familie Lebensmittel erhalten hat. In den folgenden Tagen nach der Ausgabe findet der Zusatzeinkauf und die Bestellung von haltbaren Lebensmitteln und Hygieneartikeln, für die kommenden Ausgaben statt. Allein von den Lebensmittelspenden könnten wir die gewachsene Personenanzahl nicht versorgen. Parallel wird die Ausgabestelle gereinigt und Vorbereitungen für die nächste Woche werden getroffen. Verwaltung, Organisation und Vorstandsarbeit begleiten uns ins Wochenende.

Der Brotkorb ist gewachsen und hat sich modernisiert. Nach der Flut in 2021 verloren wir unsere Ausgabestelle in der Hauptstrasse 106 und sind in das Ladenlokal der ehemaligen Bäckerei Hegener gezogen, Am Sonnenstein 25. Neben neuen Räumlichkeiten wurden die Webseite (www.herdecker-brotkorb.de), die Satzung und die Verwaltung auf die neuen Anforderungen ausgerichtet, ein Facebook-Auftritt geschaffen und eine zentrale Telefonnummer eingerichtet, die bei Bedarf auf ein Vorstandsmitglied umgeleitet wird, um die Erreichbarkeit zu erhöhen. Das Wichtigste blieb jedoch erhalten: unsere Mitglieder, die alles geben, um anderen zu helfen. Über 3000 Bedürftige aus Herdecke suchen uns inzwischen im Laufe eines Jahres auf.

Von der Idee zur Umsetzung und Gründung des Vereins bis heute lässt sich deutlich sagen: „Herdecke braucht, wie viele andere Städte und Gemeinden auch, die Tafeln mehr denn je“. Um diese großen Aufgaben überhaupt stemmen zu können, werden viele helfende Hände benötigt. Nur dank unserer unermüdlichen Mitglieder, die mit Herz und Tatkraft dabei sind, kann die Lebensmittelausgabe vom Herdecker Brotkorb ermöglicht werden. All das ist großartige Teamarbeit – und darauf dürfen wir zurecht stolz sein.

 

Unsere Facebookseite
Telefon: 02330 – 84 88 720
Email: kontakt@herdecker-brotkorb.de

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